(Von Ruth Cremer-Ricken, 19.12.2018 – Es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,
ich erlaube mir an dieser Stelle einen Rückblick auf das Jahr 2004, meine erste Haushaltsberatung in diesem Gremium.
Der von der Verwaltung vorgesehene Hebesatz für 2005 lag bei 41,29%. Das bedeutete eine Erhöhung von 6,54%. 2004 lag er noch bei 34,75%. Zur Sicherstellung des HH 2004 waren schon das Eigenkapital der Abfallwirtschaft verwendet worden und Fehlbeträge aus den Jahren 2003 und 2004 in die HH 2006 und 2007 verschoben worden. Die Zitrone HH war somit schon ausgequetscht bis auf den letzten Tropfen.
Die Bürgermeister-Kreismitglieder pochten damals auf eine Erhöhung des Hebesatzes von lediglich 3,75% mit Hilfe eines gelb leuchtenden Buttons an ihrer Brust.
Im Laufe der Beratungen wurde der von der Verwaltung vorgeschlagene Hebesatz daher auf 38,85% reduziert. Der Haushalt wurde so mit 27 Ja- und 8 Nein-Stimmen bei 15 Enthaltungen so beschlossen.
Das Regierungspräsidium (RP) fand zu dieser Haushaltssatzung mahnende Worte:
„Seit dem sprunghaften Anstieg der Verschuldung vor vier Jahren befindet sich der Landkreis Waldshut in einer zunehmend kritischen Situation. Die Verschuldung ist mit 226 Euro pro Einwohner weit überdurchschnittlich (Landkreise im Regierungsbezirk Freiburg: 150 Euro).“
Ferner machte das RP darauf aufmerksam, dass für Investitionen keine Rücklagen mehr zur Verfügung stehen würden und in den Jahren 2003 und 2004 Fehlbeträge entstanden sind, die 2006 und 2007 abgedeckt werden müssen. Neben der Kreditaufnahme von 5,778 Mio. Euro standen in der mittelfristigen Finanzplanung für 2006-2008 weitere Kreditaufnahmen von rd. 12 Mio. Euro. Die Eigenbetriebe Abfall und Pflegeheime schoben ebenfalls einen großen Schuldenberg vor sich her.
Dieser finanzielle Notstand bewog dieses Gremium im Jahr 2007 dazu Lösungen zu suchen, um den Schuldenberg abzubauen. Der Landkreis stand mit dem Rücken zur Wand. Ein Vorschlag, ausgearbeitet von Herr Bürgermeister Schäuble und Herrn Bürgermeister Arzner, sah vor, die kommenden Haushalte so auszugestalten, dass jedes Jahr der Schuldenstand um 2 Mio. Euro reduziert werden kann, bis in 20 Jahren der Schuldenberg abgebaut ist. Ziel war es, dem Kreis wieder Handlungs- und Planungsmöglichkeiten zu ermöglichen. Dieses vorgelegte Modell wurde die Leitlinie der kommenden Haushalte.
Weil viele Flüchtenden aus den Krisenregionen bei uns Zuflucht suchten und schnell Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden mussten, wurde der Schuldenabbau 2016 ausgesetzt, 2017 jedoch wieder weiter verfolgt. Trotz deutlich steigender Steuerkraftsumme hat dieses Gremium mit dem Haushalt 2018 die gute Leitlinie der letzten Jahre verlassen ohne dass dies jemals thematisiert wurde.
In der Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses wurde dem Gremium mitgeteilt, dass sich die Einnahmen dank höherer Zuweisungen von Seiten des Landes um gerundet 667.000 Euro verbessern und die bilanziellen Auswirkungen des Erbbaupachtvertrages von gerundeten 385.000 Euro schon mit dem Jahresabschluss 2018 abgeglichen werden können, so dass diese 2019 nicht mehr zu Buche schlagen. Zusammen ergibt dies eine gute Million Euro.
Der Antrag der Grünen war es, diese Summe zur weiteren Schuldentilgung zu verwenden oder aber als Rückstellung für den notwendigen Krankenhausneubau einzustellen, denn für diesen Posten sind keine Gelder im vorliegenden Haushalt vorgesehen. Dieser Antrag fand keine Zustimmung. Die Mehrheit des Gremiums war für eine weitere Reduzierung des Kreisumlagehebesatzes auf nunmehr 28,85%. An der folgenden Grafik erkennen Sie, dass der Hebesatz besonders hoch lag als die Steuerkraftsumme lediglich 50% der jetzigen Steuerkraftsumme aufwies.
Die Grafik zeigt deutlich, je höher die Steuerkraftsumme ist, desto weniger wird dem Kreis prozentual zugestanden.
Damit leistet sich dieses Gremium trotz guter Steuerkraftsumme einen steigenden Schuldenstand des Kreises welcher laut Plan auf 28,32 Mio. € Ende 2020 anwachsen soll. Und dies, obwohl der Kapitaldienst (Zinsen und Tilgung) um gut 40% unter dem in den Jahren 2005 und 2006 liegt! Diese Diskrepanz zeigt das nächste Schaubild.
Man erkennt deutlich, dass bis 2017 die Vereinbarung zur Schuldentilgung beibehalten wurde, danach aber aufgegeben wurde obwohl das 2007 formulierte Ziel keineswegs erreicht ist. Die Kapitaldienstleistungen bleiben trotz guter Einnahmen konstant.
Im Wissen um die Aufgaben die vor uns liegen wäre ein weiterer Schuldenabbau angemessen oder aber die Rücklagebildung für den beschlossenen Krankenhausneubau.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn der Eine oder die Andere der Meinung ist man bräuchte in Zukunft gar kein neues Krankenhaus bauen, dann wundert es uns doch sehr. Um eine gute Krankenhausversorgung mit zeitgemäßen Strukturen unserer Bevölkerung zur Verfügung zu stellen, kommen wir um einen Neubau nicht herum. Dies ist keine Freiwilligkeitsleistung des Kreises sondern eine originäre Pflichtaufgabe. Wegducken gilt nicht!
Damit der Kreis nicht wieder in eine so kritische Situation kommt wie in den Jahren 2003 bis 2007 sind wir von Bündnis 90/Die Grünen der festen Überzeugung, dass schon heute damit begonnen werden muss, den Haushalt zukunftszugewandt zu gestalten. Dies habe ich schon in meiner Haushaltsrede letzten Jahres angemahnt.
Ich darf auf das erste Bild zurückkommen: Herr Landrat Dr. Kistler und die Verwaltung haben unsere Zukunftsaufgaben und andere Aufgaben des Kreises klar benannt. Aber das Hauptaugenmerk dieses Gremiums liegt auf einem möglichst niedrigen Hebesatz und verschiebt somit die Lasten in die Zukunft und damit auf zukünftige Generationen.
Sehr geehrte Kollegen Bürgermeister, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Sattler, eine erneute Demonstration mit der gelben Plakette „3,75%“ täte dem Haushalt in Anbetracht der anstehenden Aufgaben gut. Aber so viel hat ja noch nicht einmal die Verwaltung vorgeschlagen.
Den Ansatz jedoch in den Haushaltsberatungen, der sich im heute zu verabschiedenden Haushalt widerspiegelt, halten wir für falsch und stimmen daher dem Kreishaushalt nicht zu.
Ich bedanke mich im Namen der Fraktion für die gute, auch grafisch gute Ausarbeitung der Vorlagen zur Haushaltsberatung bei Herrn Hayden und Team. Unser Dank gilt, stellvertretend für alle Mitarbeiter des Hauses, Frau Gantzer, Frau Schäfer und Frau Rebmann die uns stets freundlich begegnen.